Fragment- Wie schwer wiegt doch eine Niederlage, ein Verlust? Mensch sagt: Lass den Kopf nicht hĂ€ngen! Lass dich nicht beeindrucken, lass dich nicht unterkriegen! Bleiern kann die Luft sein, oder die FĂŒĂe, wenn mensch mĂŒde wird. Die Leichtigkeit des Seins ist genommen, jeder Schritt wird schwer, das Vorankommen wird zĂ€h. Lustlosigkeit, LĂ€hmung, selbst die Zeit dehnt sich fast ins Unendliche. So beschreiben wir Druck und Widerstand, etwas, was den leichten Fortgang des Lebens hemmt. Die Erfahrung von Gewicht, von Gebundensein an die Erdanziehung wird plötzlich zur Last, zu etwas, was mensch unbedingt ablegen möchte, loswerden und sich davon befreien möchte. Unlust, Schlaf ĂŒberfĂ€llt uns, die Augenlieder werden schwer, der Blick wird trĂŒbe und eine unsichtbare Hand zieht uns, drĂŒckt uns zu Boden. Das ist Schwere in ihrer ganzen Auswirkung! Wer kennt sie nicht? Eine Kraft, welche wir nicht bewusst wahrnehmen, gegen welche wir uns aber tagtĂ€glich Stund um Stunde behaupten, - die Erdanziehung. Eine Kraft, der wir nur durch Muskelkraft uns entgegen-stemmen und der sich entgegenzusetzen es im Alter oder bei Krankheit immer schwerer wird. Die Beine wollen nicht mehr so richtig, die Muskeln versagen ihren Dienst, die Kraft, oder die Lust fehlen einfach. In solcher BedrĂ€ngnis hilft oft nur der Schlaf, oder Erfrischung durch LuftbĂ€der, die FĂŒĂe hochzulegen und in die Embryonallage zu kommen, um der Schwerkraft etwas entgegenzusetzen. Der Eindruck der Schwere braucht einen Gegeneindruck, etwas, was von der LĂ€hmung wegfĂŒhrt, ablenkt, einen wieder in Schwung bringt, aufmuntert, frischen Atem spĂŒren lĂ€sst, Hoffnung schenkt und Aufatmen bringt. Schwere scheint etwas zu sein, was sich ansammelt, mehr und mehr den Fluss bremst und ihn schlieĂlich zum Erliegen bringt. Wir können nur einen gewissen Anteil an Schwere ertragen, bis wir darunter zusammenbrechen. So sind auch schwere Gedanken, Trauer, Druck und Depression ZustĂ€nde, welche einem das Leben schwer machen. Und Wut, die sich ansammelt und nicht ausgelebt werden darf oder kann, bringt Grenzen auf, die sich wie Gewichte an die Schultern hĂ€ngen, das Atmen erschweren und den ganzen Menschen verkrĂŒmmen, ducken und zu Boden ziehen. All diese Erscheinungen der Schwere zeigen, dass sie allgegenwĂ€rtig ist und nur mit Anstrengung und Streben nach Leichtigkeit ĂŒberwunden werden kann. Leichtigkeit im Gang, in den Gedanken, in der Atmung, ist ein Gottesgeschenk. Unbeschwertheit kann aber auch durch tĂ€gliche Ăbung erreicht werden. Dazu gehört die Disziplin der Gegenmeditation beim Auftreten von belastenden GefĂŒhlen oder Gedanken. Wir sprechen auch von einem Gewicht, wenn jemand etwas Bedeutendes sagt und ein Richter fĂ€llt ein Urteil. âDie WĂŒrfel sind gefallenâ, sagt ein lateinisches Sprichwort und die Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit hĂ€lt eine Waage in der Hand, in welcher die Argumente fĂŒr und gegen den Angeklagten abgewogen werden. So ist das Gewicht nicht nur fĂŒr den Kaufmann ein wichtiges Utensil, nein, auch schon in der Sprache, der Wortwahl und in der BerĂŒcksichtigung spielt der Ein-druck, den ein Wort hinterlĂ€sst eine Rolle. Bei manchen Menschen hat mensch den Eindruck, sie erdrĂŒcken einen mit der Vielzahl an Worten, andere können wieder mit Worten eine Leichtigkeit erzeugen, die einen beschwingt, erhebt und eine vertrauensvolle AtmosphĂ€re schafft. So ist hinter dem Wort und seiner Wahl und auch hinter dem Ton, mit welchem es ausgesandt wird, ein GefĂŒhl zu verspĂŒren, das auf den Eindruck schlieĂen lĂ€sst, das es bei dem hinterlassen hat, der es jetzt an uns weitergibt. So können Botschaften in Worte gekleidet sein, in eine Tracht â wie ich sage -, die ein gewisses Gewicht hat. Diese Schwere ist deutlich zu spĂŒren und oftmals scheuen wir uns, solche âGewichteâ annehmen zu wollen. Das kann schon zuviel verlangt sein, einem Menschen solche Belastungen auch nur zuspielen zu wollen. Da gehen einige schon bildlich in die Knie und ergreifen die Flucht, oder machen ihre Schotten, sprich Ohren, dicht! Andere wieder tun so, als hĂ€tten sie nichts gehört, oder fangen an, von ihren Belastungen zu reden, um einen Ausgleich zu schaffen und signalisieren so: âIch will nicht noch zusĂ€tzlich Gewichte aufgeladen bekommen, habe ich doch selbst genug zu tragen.â Erst, wenn jemand wirklich daran interessiert ist, dem Belasteten zur Hand zu gehen, ihn âaufzufangenâ und ein StĂŒck seiner Last mitzutragen, wie das Jesus gesagt hatte: âEiner trage des Anderen Lastâ; dann geschieht so etwas wie Entlastung, Befreiung und der Mensch fĂŒhlt sich vom Anderen verstanden. So ist der erste Schritt zum Zuhören der, dass mensch sich Zeit nimmt, dem Anderen ohne Vorbehalte zuzuhören in dem Vertrauen, dass da noch ein âDritterâ dabei sein wird, der das alles kennt und diese Last wegnimmt. Diesen Glauben haben wir als Christen, wenn wir bekennen: âDu nimmst hinweg die SĂŒnde der Welt.â Das bedeutet, die Trennung vom höchsten GlĂŒck, das Freisein vom Leid, wird gewĂ€hrleistet von Jesus Christus, der den Tod, die schwerste Belastung des Menschen, auf sich genommen hat und die Verbindung zum Vater wiederhergestellt hat. SĂŒndenvergebung ist also gleichbedeutend mit der Aufhebung von Schwere und Belastung, dem Gewicht, was wir in diesem Erdkreis als Verhaftung spĂŒren und aus uns selbst heraus nicht lösen können. Jesus hat seinen JĂŒngern und speziell Petrus zugesagt: âWem ihr die SĂŒnden erlasst, dem sind sie vergeben. Was ihr löst, das ist gelöst auf Erden.â In der Nachfolge Jesu gilt das auch fĂŒr Menschen, die heute leben und daran glauben, dass Erlösung auch heute und jetzt schon möglich ist. Schwere ist aber nicht nur ein belastendes Moment. Manchmal kann Schwere geradezu wichtig sein, um sich dem Erdkreis noch verbunden zu fĂŒhlen. Das GefĂŒhl von Leichtigkeit bis hin zum Schwindel zeigt zum Beispiel, dass ich nur noch um mich selbst kreise und es Zeit wĂ€re, sich zu erden, die Ăberheblichkeit abzulegen und Kontakt mit meiner Erdhaftigkeit aufzunehmen. Ich bin nur im Gleichgewicht, wenn ich noch Boden unter den FĂŒĂen spĂŒre, sonst âschwimmeâ ich, oder falle ins Bodenlose. Deshalb hat Schwere auch einen gesunden Anteil an meiner Wahrnehmung. In meiner Jugendzeit wurde ein Kurs in Meditation angeboten, bei welchem wir âlevitierenâ lernen sollten. Das heiĂt, das wir genau diese Schwere ĂŒberwinden lernen sollten und uns in einem âSchwebezustandâ wiederfinden wĂŒrden, der uns das GefĂŒhl vermitteln sollte, dass wir fliegen. Damals fĂŒhlte ich mich durch Ereignisse in meinem Lebenslauf sehr belastet, weshalb ich diesem Aufruf, diese Meditation lernen zu wollen, folgte. Was sich dann herausstellte, war, dass mein Körper extreme Reaktionen darauf zeigte, dass ich das Gewicht aufgeben, ihn also verlassen wollte. Das war nicht die Lösung fĂŒr meine Probleme! Erst dort wurde mir bewusst, dass der Körper ein sehr kostbares Geschenk meines Schöpfers an mich ist und dass ich, bevor ich ihn aufgeben wollte, ich doch erst einmal lernen sollte, mit ihm in einer richtigen Weise umzugehen. Ich bin heute noch dabei zu lernen und nicht zu Ende damit, ĂŒber die FĂ€higkeiten dieses âFahrzeugesâ, â Körper genannt -, zu staunen. |