Aus den Straßenschluchten New Yorks sind sie nicht mehr wegzudenken: Seit Ewigkeiten versorgen fahrbare Essensstände die eiligen Bewohner der Metropole mit Würstchen, Brezeln und anderem. Die kalorienhaltige Hausmacherkost allerdings wird von einem neuen Trend verdrängt: Gourmet-Häppchen erobern in New York den Straßenrand. In Luxus-Buden auf Rädern brutzeln Asphalt-Gastronomen goldene Kalbskoteletts, die sie auf Karottenbrötchen servieren. Wer will, kann Pasta in Limonensoße oder Tamarinden-Eis mit einem Hauch Balsamico-Essig genießen – ein bisschen Haute Cuisine für Passanten, denen die Zeit für den Besuch im Gourmet-Lokal fehlt.
Der 28-jährige Oleg Voss kennt die Kunden seines Stands genau, schließlich war er selbst einmal einer der ihren. Der gebürtige Ukrainer hat in New York Wirtschaft studiert, war als Investmentbanker beschäftigt, bis er in der Finanzkrise seinen Job verlor. "Ich hatte gerade als Banker in Wien angeheuert, als die Rezession begann“, erinnert er sich. "Ich wurde als erster gefeuert." Voss ging aus Wien zurück nach New York und brachte eine Idee mit, die er nun an seinem Essensstand erfolgreich umsetzt: "Schnitzel & Things“ heißt die mobile Bude, sie ist auf hochwertige Imbiss-Genüsse spezialisiert.
"Hier ist alles Top-Qualität“, sagt Voss. Bestes Fleisch, Bio-Öl, gute Panade. Die Schnitzel würden "bis zur Perfektion goldgelb gebraten“ und mit frischem Kartoffelbrei oder Pommes serviert. Bei der verwöhnten Klientel – vor allem Anwälte und Banker in Manhattan – kommt das Angebot gut an. Voss verkauft täglich rund 200 Portionen zu je etwa zehn Dollar (7,80 Euro). Mehr als 5000 Fans verfolgen seine Mitteilungen über den Kurznachrichtendienst Twitter.
Auch der 39-jährige Douglas Quint zählt zu New Yorks neuen Trottoir-Gastronomen. In der kalten Jahreszeit verdient er sein Geld als Fagottist in einem Orchester in Boston, im Sommer aber bringt er gewagte Feinschmecker-Eiscremes unter die Passanten. Sein Edel-Stand am belebten Union Square verkauft Sorten wie Olivenöl-Meersalz, Curry-Kokosnuss, Kürbisbutter oder Holundersirup.
"Der Trend ist am Wachsen“, sagt Quint, der demnächst eine Konferenz in San Francisco über edles Straßenessen besuchen will. "Die Leute mögen Eiscreme, aber die anderen Stände bieten alle dasselbe an.“ Er setze auf Qualität: besonders gutes Eis mit besonders ausgefallenen Geschmacksrichtungen. "Die Leute lieben es.“
Für die neuen Gourmet-Anbieter ist es freilich nicht einfach, am New Yorkers Straßenrand Tritt zu fassen. Essensstände benötigen eine offizielle Lizenz, die wegen der großen Nachfrage nur schwer zu bekommen ist. Und dann ist da noch die alteingesessene Konkurrenz, die den Neulingen mit dem feinen Geschmackssinn das Leben schwer machen.
Grant Di Mille etwa verkauft in seinem Essensstand "Sweet Streets“ hochwertige süße Sachen wie Croissants, Kuchen und so weiter, die sich vom Schokoriegel-Einerlei der alten Stände unterscheiden. Er berichtet von Einschüchterungsversuchen einer alten Kette von Süßigkeiten-Ständen. Drei Männer seien gekommen und hätten gedroht, "unseren Wagen abzubrennen“, sagt Di Mille. Von ihrem kleinen Stand wollen sich Di Mille und seine Frau aber nicht trennen. "Wir wollen einfach unser eigenes Geschäft haben“, sagt er. Bevor das Paar vor zwei Jahren in die Straßengastronomie wechselte, waren beide im Marketingbereich tätig.