Extremwetter stellen Risiken dar
Eine Studie von WWF und Allianz befürchtet unumkehrbare Effekte und Billionen-Schäden. Hunderte Millionen Menschen seien von dieser ersten Welle des Klimawandels betroffen. (http://www.fr-online.de/wirtschaft/wenn-das-klima-kippt/-/1472780/3247702/-/index.html)

ILLIONEN-SCHÄDEN BEFÜRCHTET

Wenn das Klima kippt

Eine Studie von WWF und Allianz befürchtet unumkehrbare Effekte und Billionen-Schäden. Hunderte Millionen Menschen seien von dieser ersten Welle des Klimawandels betroffen. Von Thomas Magenheim

Land unter auch in Australien. Die Aktion zum Klimawandel zeigt  Premierminister Kevin Rudd.
Land unter auch in Australien. Die Aktion zum Klimawandel zeigt Premierminister Kevin Rudd.
Foto: rtr

München. Das von Menschen veränderte Klima droht weltweit schon vor 2050 an zwölf Brennpunkten unumkehrbar zu kippen und volkswirtschaftlich Billionenschäden zu provozieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Münchner Versicherungsriesen Allianz und der Umweltstiftung World Wide Fund (WWF).

Hunderte Millionen Menschen seien von dieser ersten Welle des Klimawandels betroffen, warnten Allianz-Manager Clemens von Weichs und WWF-Klima-Expertin Regine Günther. Die kritischsten Klimaphänomene seien die Eisschmelze an den Polen, Dürrewellen in Kalifornien und Südeuropa, ein veränderter Sommermonsun in Indien und massives Waldsterben im Amazonas.

Wenn schmelzende Polkappen den Meeresspiegel bereits vor 2050 um einen halben Meter anheben, löse das Sturmfluten aus, die global 136 an der Küste gelegene Millionenstädte und Vermögenswerte von mehr als 28 Billionen Dollar gefährden, warnten Günther und von Weichs.

Allein an der US-Nordostküste wachse das Schadenrisiko von heute 1,35 auf 7,4 Billionen Dollar. Als Gau gilt ein Hurrikan in New York, der bereits heute Werte von einer Billion Dollar vernichten könne und bis 2050 seine Zerstörungskraft gut verfünffachen würde.

Plaßmanns Klima

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Problemfall Amazonas

Wird nicht gegengesteuert, stehe bis dahin ein Absterben von fast drei Vierteln des Regenwalds am Amazonas fest, was große Mengen Kohlendioxid freisetze. Die Studie weist dem einen ökonomischen Schaden von weiteren drei Billionen Dollar zu.

Wenn sich der Sommermonsun in Indien verschiebe und die Himalaya-Gletscher größtenteils schmelzen, gefährde das die Existenz von rund einer Milliarde Menschen, die in der dortigen Landwirtschaft arbeite. Das schlage mit einem Schaden pro Jahrzehnt von 40 Milliarden Dollar zu Buche.

Ein weiterer irreversibler Kipp-punkt des Klimas seien Extremdürren in Kalifornien, die ähnlich auch Südeuropa heimsuchen würden. Dort seien dann Landwirtschaft, Wälder und Wasserversorgung in Gefahr. Allein durch Waldbrände werde sich der jährliche Schaden bis 2050 auf bis zu 2,5 Milliarden Dollar verzehnfachen, errechneten die Autoren der Klima-Studie.

Vor unserer Haustür seien wochenlange Blackouts der Stromversorgung mit großen Folgeschäden für Wirtschaft und Bürger zu befürchten, warnt die Allianz in der Untersuchung. Um Industriebauten versicherbar zu halten, müsse künftig in küstenfernen Regionen gebaut werden.

Versicherungskapazitäten würden aber auch dann nur ausreichen, wenn das Risiko zunehmend auf die Finanzmärkte verlagert werde, betonte Manager von Weichs. Er meint damit handelbare Derivate auf das Wetter oder Naturkatastrophen, die besser berechenbar seien als traditionelle Aktienderivate.

Versicherungsmanager und WWF sind sich einig, dass der Klimagipfel Anfang Dezember in Kopenhagen zumindest einen Vertragsentwurf für weltweit verbindliche Klimaschutzziele bringen muss, soll das Auslösen der Kipppunkte verhindert werden. Das Kippen werde sich je nach Ereignis sehr schnell binnen drei bis fünf Jahren vollziehen und dann nicht mehr umkehrbar sein, warnte Günther. "Wir haben nur noch ein ganz kleines Fenster zum Reagieren."

Die Allianz will ähnlich wie die Münchener Rück oder Siemens im Kampf gegen den Klimawandel eine Vorreiterrolle einnehmen und auch aus Eigeninteresse die Politik zum Handeln treiben.

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