Deliberation leads to information pooling

C. Sunstein: Infotopia. How many minds produce knowledge. Reports the dynamics of herding/information pooling within group discussions

Gerade beim scheinbar so vernünftigen Austausch von Argumenten nämlich entwickelt sich eine eigene Dynamik. Der Chicagoer Rechtsprofessor Cass Sunstein hat in einer Reihe von Studien, über die er in seinem kürzlich erschienenen Buch Infotopia. How many minds produce knowledge berichtet, die Ergebnisse von Diskussionen in Gruppen und Expertengremien damit verglichen, was herauskommt, wenn man, statt zu diskutieren, einfach die Statistik entscheiden lässt und beispielsweise abstimmt. Das frappierende Resultat: Anstatt dass in den Gruppen die Kraft des besseren Argumentes gemeinsame Entscheidungen bestimmte, findet eine Polarisierung statt, die das Ergebnis verdirbt. Extreme Positionen werden verstärkt statt ausgeglichen. Ein aussagekräftiges Beispiel, das Sunstein zitiert, ist ein Experiment, das 2005 in Colorado durchgeführt wurde. Sechzig amerikanische Bürger wurden zusammengebracht und in zehn Gruppen zu jeweils fünf bis sieben Leuten eingeteilt. Jede Gruppe wurde aufgefordert, über aktuelle politische Kontroversen zu diskutieren: Homo-Ehe, Gleichstellungspolitik, Kyoto-Protokoll. Die Teilnehmer des Experimentes waren so ausgesucht worden, dass die Gruppen zu Teilen aus Liberalen, also Linken bestand, und zu Teilen aus Konservativen. Fünf Gruppen waren von den Liberalen dominiert, fünf von den Konservativen. Jeweils vor und nach der Diskussion gaben die Teilnehmer ihre Meinungen einzeln und anonym zu Protokoll. Das Resultat: In fast jeder Gruppe vertraten die Diskutanten am Ende radikalere Positionen als zuvor. Während innerhalb der jeweiligen Lager der Zusammenhalt gestärkt wurde, wuchs die Kluft zwischen Liberalen und Konservativen. In gewisser Hinsicht ist dies erstaunlich. Ebenso gut hätte man erwarten können, dass das gemeinsame Gespräch und der Austausch von Informationen die Positionen der Teilnehmer einander annähern sollte. Dass eben dies nicht eingetreten ist, meint Sunstein, deute darauf hin, dass Diskussionen oftmals ein schlechtes Instrument seien, um die innerhalb einer Gruppe verfügbaren Informationen zu nutzen.
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